Mehrere Hunderttausend Euro geben Mechtild und Hubertus Gollnick jährlich für verbesserte Verpflegung in Temescher Heimen und Kliniken aus. Als leitender Angestellter in Heimen schwer erziehbarer Kinder hat Hubertus Gollnick eine langjährige Erfahrung in diesem Bereich hinter sich. Seine Frau Mechtild ist ebenso sozial eingestellt, allein die Tatsache, dass sie drei Kinder adoptierte, spricht Bände darüber. Außerdem befasste sie sich vor Jahren mit Telefonseelsorge.

In Rumänien wie Rumänen leben...

Ein Westeuropäer würde den Lebensstil eines Gollnick entweder als bescheiden oder gar als knauserig einstufen: "Wenn wir in ein teures Restaurant eingeladen werden, sagen wir meist ab, für uns ist das Verschwendung", heißt es bei unserem Besuch im Haus der Gollnicks an der Cimpului-Straße in Temesvar. Hier haben sie praktisch alles, was sie brauchen, um ihre zweite Lebensaufgabe durchzuführen: Wohn- und Arbeitsräumlichkeiten im selben Gebäude; ein Garten, Kaninchen und eine Vogelvoliere bieten den notwendigen Ausgleich für zwei Menschen, die es bereits vor vielen Jahren zu Ansehen in Deutschland gebracht haben. Damit so manches Temeswarer Kind eine bessere Verpflegung, Kleidung und Wärme hat, dafür setzen sich die beiden täglich ein.


"Wenn ein Kind einmal am Tag weniger weint...", das bedeutet Genugtuung für die in sozialen Kreisen allbekannte Familie. Deshalb wohl auch nicht von ungefähr, wenn die beiden (Hubertus Gollnick ist seit 12 Jahren in Rumänien, seine Gattin seit 11 Jahren) ein solches Jubiläum nicht in einem Restaurant sondern unter Kindern feiern.
Selten nimmt sich Gollnick Zeit für lange Unterredungen; höchstens man führe das Gespräch geschickt in Richtung Problematik von notleidenden Kindern. Und das ist nicht nur privat so: von Seminaren und Ratschlägen "haben die Rumänen genug". "Anpacken und mit Geld unterstützen", das ist so die Devise eines Mannes, der seine Meinung in dieser Hinsicht offen sagt. Deshalb manchmal auch recht überraschend für einen Außenstehenden, dass Dankesbriefe nicht das Postkästchen der Gollnicks füllen. "Wir sind dankbar, wenn wir anderen helfen können.", so zitiert Gollnick gern die Ordensschwester Teresa, und lässt sich nicht aus dem Gleichgewicht bringen, wenn der Dank einmal ausbleibt. Schreiben und lesen können die Schützlinge der Gollnicks gewöhnlich nicht, aber den Namen "Gollnick" sprechen sie alle aus, denn Süßigkeiten, Spiel- und Schreibzeug sowie Kleidung bringt er immer mit, und vielleicht ist sich der eine oder andere Bescherte bewusst, dass solche Hilfen auch mittel- und langfristig gedacht sind.
Die Behörden vor Ort haben die Präsenz eines Gollnick zu würdigen gewusst, denn egal ob als Gründungsdirektor der sogenannten "Hilfeschule" (heute "Sankta-Maria-Hilfe"), als vielseitiger Spendenvergeber oder als Berater, Gollnick hat sich eine Vormachtstellung hierzulande wahrhaftig erarbeitet.


"Mein Mann bringt eine große Erfahrung mit..." so beginnt gewöhnlich Mechtild  Gollnick das Gespräch mit den Journalisten und stellt sich zumindest in Sachen Kinder in Not in den Schatten des weitaus bekannteren Gatten. Doch in kinderreichen Familien wechseln sich Tränen der Rührung und Freude ab, allein schon wenn der Name "doamna" (Frau) Gollnick fällt. So manches Kind kann ihrer Initiativen wegen auf Betteln verzichten, kann eine Schule besuchen, und der Temperaturunterschied zwischen drinnen und draußen ist auch in seiner Wohnung  zu spüren.
Über die Spender aus dem Ausland versucht man so, nicht nur die Kinder in Heimen oder auf der Straße zu unterstützen, sondern mit gezielter Hilfe in Familien in Not wird schon das Leben in der Familie erträglicher gemacht.


Not zwingt Kinder ins Heim

"In Deutschland werden Kinder in Heime eingewiesen, weil sie dissozial sind, weil sie Drogen nehmen, weil sie kriminell sind oder starke Verhaltensauffälligkeiten haben. In Rumänien ist es so, dass Kinder von zu Hause weglaufen, weil sie da zu wenig Essen haben. Auf Forderung der EU sind viele Kinder aus rumänischen Heimen nach Hause geschickt worden und das mit dem Ergebnis, dass die Kinder nach kurzer Zeit zurückkamen, weil sie länger nicht hungern wollten. In der EU sind völlig falsche Vorstellungen. Zum Beispiel stand vergangene Woche in ihrer Zeitung, dass das Durchschnittseinkommen in Rumänien 3,94 Millionen Lei Netto beträgt. Das geht, wenn sie Ministergehälter dazurechnen, denn zum Beispiel verdient ein Lehrer weniger als das Durchschnittseinkommen", sagt Gollnick. Deshalb auch nicht überraschend, wenn Erzieher nach dem Abschluss der Sankta-Maria-Schule mit Stipendien weiterhin aus Spendengeldern unterstützt werden, denn Gollnick hat schon vor Jahren erkannt, dass die ausgebildeten Erzieher, - deren Diplome trotz vieler Versprechen in dieser Hinsicht auch heute noch nicht vom rumänischen Staat anerkannt sind - von ihrem Einkommen als Heilpädagoge nicht leben können.


"Meine Sponsoren sind Superklasse", fasst Hubertus Gollnick in wenigen Worten seine Beziehung zu den Spendern vor allem aus Deutschland, aber auch aus Holland und Dänemark zusammen. Ein Kreis von Dauersponsoren schickt seit Jahren Geld nach Rumänien und zwei Sachen können sich die Gönner aus dem Westen sicher sein: Quittung, Fotos und Dankesbriefe bleiben nicht aus; die Gollnicks wissen im Interesse notleidender Kinder, was sie ihren Helfern schuldig sind. Und außerdem ist diese gute Beziehung einfach zu definieren: "Wenn uns jemand Geld schickt, dann kann er sich absolut darauf verlassen, dass seine Wünsche strikt beachtet werden". Nach einigen Jahren an der deutschen Abteilung des Shakespeare-Lyzeums und am Lenau-Lyzeum, hat sich Mechtild Gollnick aus ihrem bisherigen Beruf zurückgezogen und widmet sich gänzlich der Arbeit im sozialen Bereich. Sie hat es wohl nie bereut: weder den Verzicht auf den Lehrerberuf noch auf den Umzug nach Rumänien, und vielleicht braucht nicht nur ein vernünftiger Mann eine zweite Lebensaufgabe.